H.H. P. Burkard Kaufmann OSB

Kloster Disentis 1911-1974

Nach dem Nekrolog von P. Hildefons Peng OSB im Heft Disentis 1974

Pater Burkard verlebte seine Kindheit und Jugend als  Hans Kaufmann in Zofingen, wo sein Vater als Sous-Chef bei der Güter-Expedition der Bahn arbeitete. Der dortige Pfarrhelfer H.H. Karl Jans gab seinem begabten Ministranten den Rat, das Gymnasium in Disentis zu besuchen.  In der Folge trat Hans 1926 in die 2. Klasse des Gymnasiums in Disentis  ein. Als Klassengenossen hatte er unter anderen all die Jahre hindurch unsern Abt Victor Schönbächler.

 

Nach der 4. Klasse erlitt er daheim einen schweren Unfall, als er über einen am Dachgiebel befestigten Flaschenzug  eine Matratze in den Estrich eines  Hauses aufziehen wollte. Hans stürzte vom Dachstock auf das Strassenpflaster und zog sich einen schweren Schädelbruch zu. Man befürchtete, dass das das Ende seines Studiums bedeute. Doch als ihn ein Mitschüler nach einiger Zeit besuchte, traf er Hans nicht im Spital, sondern zu Hause an - beim Spiel auf der Handorgel. Zum Schulanfang im Herbst rückte Hans wieder in der Schule ein. Der Unfall hatte seine Gesichtszüge verändert, sonst war er der Gleiche geblieben. 

 

Inwieweit dieser Unfall seine spätere Entscheidung zum Klostereintritt beeinflusst hatte kann nur vermutet werden.  Jedenfalls trat er nach der Matura in Engelberg in Disentis ins Noviziat ein  und erhielt bei der Profess am 5. Oktober 1934 den Namen Burkard und nach dem Theologiestudium an unserer Hausschule konnte er am 11. Juni 1938 seine Primiz feiern.

 

Im folgenden Herbst kam P. Burkard sofort zur Schule und lehrte Griechisch, Mathematik und Naturgeschichte, versah zugleich das Amt des Präses der Studentensodalität. 

 

1942 erst konnte er das Studium in Freiburg  beginnen. Daselbst studierte er zugleich klassische Philologie und Mathematik!  Dementsprechend wies auch seine Dissertation über Kugel und Rolle bei Archimedes zwei Teile auf: einen rein philologischen und einen mathematischen. Ein Kuriosum, aber typisch für ihn. Er war ein Original und er war es bewusst.  Es war schwierig, einen Professor zu finden, der sowohl die mathematischen als auch die altphilologischen Aspekte der Arbeit zu beurteilen imstande war. In beiden  Disziplinen erreichte er  aber schliesslich das Prädikat „Summa cum laude“! 

Ab 1946 trat er wieder in den Schuldienst  ein. Leider stellten sich bald  gesundheitliche Störungen ein.  1949 erlitt er eine Herzkrise von der er sich im milden Klima Asconas erholte. Die Benediktiner von Einsiedeln führten dort ein Gymnasium und versahen den Gottesdienst für die Deutschsprachigen des Ortes. Bald war P. Burkard soweit  hergestellt, dass er diesen übernehmen konnte. Bekannt und noch nach Jahren unvergessen waren seine originellen Predigten, die gerne an die Bilder der Naturgeschichte oder an die Vorgänge des täglichen Lebens anknüpften, etwa im Stil der berühmten Käspredigt des Weltüberblickers von Ah in Kerns.

Nach Disentis  zurückgekehrt, übernahm er neben der Schule bis zu seinem Tode, also mehr als zwanzig Jahre, die Leitung der Tertiaren von Disentis und Umgebung. Wie seine Vorgänger P. Ursizin und P. Thomas Häberle betreute er als Benediktiner in einer Art „Ordensökumene“ den dritten Orden des hl. Franziskus. Und er hat sich voll und ganz für sein Amt eingesetzt durch regelmässige Versammlungen und häufige Hausbesuche, auch wenn ihm diese in den letzten Jahren immer schwerer  fielen.

 

In die Zeit zwischen 1960 – 1970 fiel auch die intensive lichenologische Arbeit  P. Burkards. Nebst  dem Anlegen eines Flechtenherbars  der Surselva  beschäftigte er sich auch allgemein mit Botanik, u.a. auch mit den in der Gegend angepflanzten Weizenarten. (Herbar Archiv Kloster Disentis)

1969 traf ihn ein Hirnschlag, der ihn halbseitig lähmte. Der Arzt meinte, er werde nicht mehr zum Arbeiten kommen, aber  bis auf eine kleinere Lähmung am Bein erholte er sich so gut, dass er seine Arbeit wieder aufnehmen konnte. Die regelmässigen Kurferien in Dussnang  gaben ihm Kraft dazu. Allerdings war er kränker als wir ahnten. Da er jedoch auch kleinere Übel  gerne dramatisierte, nahm man ihn oft zu wenig ernst.  Im Grunde war er aber für die Neckereien seiner Mitbrüder dankbar, stand er doch nicht ungern im Mittelpunkt des Interesses.

 

Die körperlichen Beschwerden hinderten P. Burkard daran, das ganze klösterliche Leben mitzumachen, aber den Menschen mit ihren seelsorgerischen Bedürfnissen half er nach Kräften. Seit seiner Primiz hatte er in der Klosterkirche einen Beichtstuhl und in seinen Krankheitsurlauben half er in der Pasturation mit, wo er konnte. Er versah in den Gemeinden der Surselva Gottesdienste und predigte in  romanischer Sprache.  P.Burkard trug seine Frömmigkeit nie zur Schau. Sein unerschütterlicher Glaube wurde aber allen,  die mit ihm auf dem Weg waren, eindrücklich spürbar. 

 

Am 17. Januar 1974 ist P. Burkard ins ewige Leben eingegangen. Mit ihm hat das Kloster einen lieben Mitbruder, die Schule einen tüchtigen Lehrer verloren, und beide sind um ein unkopierbares Original ärmer geworden.