Mein Onkel P. Burkard

Erinnerungen seines Neffen Gregor Kaufmann, Apotheker, Willisau

Die „Kaufmänner“ beim gemeinsamen Picknick am Lukmanier 1962; links mein Vater Max, mein Onkel P. Burkard, mein Bruder Max und rechtes Bild ich.
Die „Kaufmänner“ beim gemeinsamen Picknick am Lukmanier 1962; links mein Vater Max, mein Onkel P. Burkard, mein Bruder Max und rechtes Bild ich.

In den Jahren 1957 – 1964 reiste ich, zusammen mit meinen  Eltern,  regelmässig von Zug nach  Disentis.  Wir besuchten im Kloster meinen Bruder Max, der  daselbst 1963 das Gymnasium mit der Matura abschloss und zugleich meinen Onkel, den Benediktinermönchen  Pater Burkard Kaufmann.

 

Die Besuche fanden meist an hohen Feiertagen statt und begannen mit einem festlichen Pontifikalamt in der Klosterkirche, gefolgt von einem Ausflug in die nähere  Umgebung von Disentis. Ein gemeinsames Mittagessen unserer Familie mit P. Burkard und ein darauffolgender Spaziergang in der Natur der Surselva waren dabei die Regel.

 

Mein Onkel war eine imposante Figur. Seine Körpermasse und sein roter Bart erheischten Respekt.  Sein Humor und seine gütigen Augen ebneten aber schon bald den Weg zu einem Vertrauensverhältnis zwischen diesem aussergewöhnlichen, etwas kauzigen und ungemein gebildeten Mönchen und mir, seinem pubertierenden Neffen.

 

Der Universalgelehrte

Pater Burkard genoss meine uneingeschränkte Bewunderung.

Ich beobachtete, wie er sich auf den Spaziergängen in der Surselva mit den Einheimischen romanisch unterhielt und wie er Ihnen  jeweils zum Abschied den Segen erteilte. 

Staunend  wurde mir zudem mit der Zeit bewusst, dass ich da einen Universalgelehrten vor mir hatte, einen Theologen, einen Doktor der Altphilologie und der Mathematik der fliessend auch romanisch und neuere Sprachen sprach und der über ein breites Wissen in Biologie und Botanik verfügte.

 

Pater Burkard bestand das Doktorexamen  1950 in Freiburg i. Ü.  in Altphilologie und Mathematik summa cum laude. Seine mathematische Arbeit  „Das Problembuch des Archimedes oder über Kugel und Zylinder“ – 550 Seiten! - verfasste mein Onkel  auf  Altgriechisch!  Es soll einige Mühe gemacht haben, einen Professoren zu finden, der sowohl in Mathematik als auch in Altgriechisch soweit bewandert war, dass er die Arbeit  beurteilen konnte. Ich kann mich erinnern, dass ich oft verstohlen seinen grossen Kopf betrachtete und mir vorzustellen versuchte, wo er all dies Wissen verstaut haben mochte.

Begeisterung für die Welt der Flechten

Nicht wenige Schüler P. Burkards hatten grossen Respekt vor ihm. Einige Anekdoten erzählen von diesem strengen und oft etwas raubeinigen Lehrer.    

Mich aber lobte er stets anerkennend, wenn er auf den Spaziergängen feststellte, dass ich die von ihm einmal erklärten Flechten wiedererkannte. Dieses Lob Pater Burkards motivierte mich für das Gebiet der Flechtenkunde so, dass ich mich sowohl an der Matura als auch beim Staatsexamen der Pharmazie mit Flechten-Themen befasste.

Und im Jahre 2012, nach meinem Ausscheiden aus dem Berufsleben,  bat ich Abt Vigeli  Monn, mir die umfangreiche Flechtensammlung meines  Onkels  P. Burkard zur Revision und Digitalisierung zu überlassen,  damit sie der Lichenologie erhalten bliebe. 

 

Ich danke dem Lichenologen Dr. Michael Dietrich. Nur dank seiner Professionalität und  Hilfe gelang  die vorliegende Revision des Flechtenherbars  und konnte dieses im Jahre 2017 dem Kloster Disentis wieder übergeben werden. 

 

Ich danke an dieser Stelle auch H.H. Abt Vigeli Monn und dem Museumsverwalter P. Theo Theiler für ihr Vertrauen.

 

Es freut mich, dass meines Onkels - für die Surselva einzigartiges - botanisches Zeitdokument  nun aktualisiert und dank der Digitalisierung weltweit  zugänglich ist. 

 

Gregor Kaufmann, Apotheker, Willisau